Texte
Über meine Bilder
1. Ich mache "schöne Bilder". Ich möchte, daß meine Bilder als schöne
Bilder gesehen werden. Ich wünsche, daß die Menschen erkennen, daß die Bilder
schön sein wollen. Das Schöne in den Bildern ist mein Programm. Ich stehe dazu.
2. Ich lasse die Bilder kommen. Ich lasse in ihnen zu, was sich entwickeln will,
was mir in ihnen zufällt. Ich weiß, daß etwas Geistiges entsteht zwischen den
einfachen Elementen, eine Spannung, ein Klang, ein Rhythmus. Was da entsteht,
braucht Aufmerksamkeit, die wie ruhiges Hinhören ist; es drängt sich nichts auf.
Ich bin überzeugt, daß die Schönheit der Glanz der Wahrheit ist.
Auch wenn ich nicht mit Worten sagen kann, was die Wahrheit ist, so öffnet sie
sich doch im Wahr-nehmen des schönen Scheins.
Das Schöne braucht heute eine Rechtfertigung. Es ist in den Ruf gekommen, Blendwerk
und Verschleierung zu sein.
Wegen des propagandistischen Missbrauchs der Kunst durch die Macht und wegen ihrer
Prostitution im Kitsch braucht das Schöne eine Rechtfertigung.
Im Schönen offenbart sich der Zusammenhang des Einzelnen mit dem einen und
vielgestaltigen Ganzen, und ohne die Erfahrung der Schönheit sind die Menschen
unglücklich, gleichgültig, ob sie im komfortablen Teil der Welt am Überfluss oder
im unkomfortablen am Hunger leiden. In der Schönheit erscheint die andere Welt,
die nicht ausgebeutete, nicht ideologisch verhetzte und auch nicht die hedonistisch
verschwendete, sondern die durch Evolution mit sich übereinstimmende, die sich dem
Zulassen öffnende, die ihre Verwundungen aus sich heraus heilende, unendlich
vielfältige und doch zugleich mit sich identisch bleibende Welt unserer angeschauten
Wirklichkeit und wirklichen Anschauung.
3. Meine Bilder sind nicht gegenstandslos, nicht einmal abstrakt, sonders ganz direkt
abgeleitet aus den Beobachtungen des Lichtes und seiner Brechungen. Das Stille und
Strenge in den Bildern ist eine gezielte Opposition gegen das Schrille und
Überhebliche, das unseren Alltag bestimmt. Sie verweisen auf eine vermutete
Einfachheit am Grund aller Dinge. Ich versuche, die Langsamkeit beim Entstehen
auszuhalten. Sie sollen so wenig künstlich wie möglich erscheinen. Vielleicht ist
das Gemalte Philosophie oder Andacht.
Kunst bildet nicht das Leben ab, aber das Leben enthält eine Vision, zu der die Kunst
die Verbindung herstellt.
Hubertus Kirchgäßner